Die Informationen bezüglich der Überwachung eines Journalisten des Stadtradios Göttingen durch den Niedersächsischen Verfassungsschutz stellen den Höhepunkt der katastrophalen Synergien von Göttinger Polizei und Verfassungsschutz dar. Letztere Behörde scheint völlig vergessen zu haben, was sie eigentlich schützen soll:
Integrale Bestandteile der niedersächsischen Landesverfassung sind die Grundrechte. Zu diesen gehören das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Pressefreiheit. Anstatt diese Rechtsgüter auftragsgemäß zu schützen erdreisten sich Verfassungsschutz und Polizei einen Journalisten bei seiner Arbeit zu überwachen.
Und was hat der Überwachte staatsgefährdend getan? Dazu schreibt der Verfassungsschutz in seinem Bericht: „Am 19. März 2011 war Ihr Mandant, aufgrund der Ereignisse in Japan, Teilnehmer einer Anti-Atom-Demonstration in Göttingen.“ (Taz 10.10.2011) Zumindest ha-ben die zuständigen Beamten ermitteln können, warum eine Anti-Atom Demo stattgefunden hat. Wurden auch gegen die anderen tausend Teilnehmer/innen nachrichtendienstliche Maßnahmen ergriffen? Was war mit den Journalisten der Printmedien, was mit dem NDR-Fernsehteam?
An dieser Demo nahmen viele ältere Menschen, Familien, Schüler/innen und Studierende teil. Das sind jetzt alles potentielle Staatsfeinde, nur weil der Göttinger Polizei mit dem schwarzen Block das Feindbild abhanden gekommen ist?
Für den gesunden Menschenverstand, für die vielen tausend Demonstrant/innen gegen die
Atomkraft war nur zu deutlich, dass Atomkraftwerke nicht nur in Japan die körperliche Unversehrtheit des Menschen, ein hohes Grundrecht, eklatant gefährden. Wenn sich der Verfassungsschutz langweilt, kann er sich gerne mit der Atomlobby beschäftigen, die unser aller Gesundheit dauerhaft gefährdet.
Stattdessen werden verdeckt Staatsschutzbeamte bzw. Zivilpolizisten auf angemeldeten friedlichen Veranstaltungen eingesetzt. So geschehen bei Demonstration gegen das Güter-verkehrszentrum sowie bei den Anti-Atom-Mahnwachen. Bei Letzteren wurde dies auf unse-re Nachfrage von der immer massiver auftretenden Polizei bestätigt. Friedliche Proteste werden so kriminalisiert, interessierte Menschen abgeschreckt.
Es ist erfreulich zu sehen, dass sich seit längerem auch die bürgerliche Presse, trotz scharfen Gegenwinds durch die Polizei, sehr kritisch mit der Thematik beschäftigt.
Wir sehen uns in der Verantwortung, die Grundrechte von Teilnehmer/innen auf von uns or-ganisierten Demonstrationen, wie der am 19. März 2011, zu schützen. Diese Rechte sind in der Verfassung garantiert.
Diese Erklärung der Anti-Atom-Initiative Göttingen unterschreiben einige von uns mit ihrem Namen, um ein deutliches Zeichen zu setzten: Wir lassen uns nicht einschüchtern! Solidari-tät mit dem Betroffenen! Wo Recht zu Unrecht wird, ist der Widerstand unsere Pflicht!
Anti-Atom-Initiative Göttingen
Annette Ramaswamy
Ute Simmerling
Dirk Glowatz
Links zum Thema:
NDR Göttinger Journalist unter Beobachtung
TAZ Journalist auf Demo wird zur Gefahr
Monsters of Göttingen Im Visier des Geheimdienstes
GOEST Verfassungsschutz gegen Journalist
Göttinger Tageblatt Journalismus für Stadtradio macht 43-Jährigen verdächtig