Pressemeldung der Anti-Atom-Initiative Göttingen
Nach Offenem Brief nun Politischer Staatsschutz an den Fersen?!
Politische Kriminalisierung geht in die nächste Runde
Gerade erst hatte der Göttinger Polizeipräsident Robert Kruse seine Jahresstatistik 2012 zu politisch motivierter Kriminalität vorgelegt und darin u.a. Anti-Atomkraft-Aktivist*innen als „politische Straftäter“ diskreditiert. Er nannte sie gar im gleichen Atemzug mit rechten Gewalttätern und sprach von Göttingen als „regionaler Brennpunkt linksmotivierter Straftaten in Niedersachsen„. In der Folge wehrte sich die Anti-Atom-Initiative Göttingen (AAI-Goe) gegen diese Kriminalisierung und forderte – neben einer Vielzahl anderer Gruppierungen – am 28. Mai in einem Offenen Brief an den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius die Amtsenthebung des ehemaligen Verfassungsschutzvizepräsidenten und jetzigen Polizeichefs Kruse. Mit einer Demonstration am 3. Juni vor das Göttinger Polizeipräsidium verlieh ein breites Bündnis dieser Forderung noch einmal Nachdruck.
Polizeipräsident Robert Kruse hat zwar zwischenzeitlich grobe Zahlenmanipulation als Fehler „auf der Sachbearbeiterebene“ eingeräumt, aus dem Innenministerium liegt jedoch trotz Ankündigung noch immer keine öffentliche Stellungnahme zu der Entlassungsaufforderung vor. Völlig uneinsichtig legt stattdessen Kruse nun offensichtlich nach und läßt am 10. Juni über 20 Vorladungen vom „politischen Staatsschutz“ Göttingen (Fachkommissariat 4) an zahlreiche Anti-Atom-Aktivist*innen zustellen. Hintergrund scheinen die zahlreichen Protestaktionen insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz der hochgiftigen MOX-Brennelemente im Atomkraftwerk Grohnde während der Jahresrevision im Frühjahr 2013 zu sein, bei denen wiederholt auf eklatante Sicherheitsmängel an dem Kraftwerksgelände hingewiesen wurde. Es scheint damit wohl schon heute für die im nächsten Jahr 2014 zu vermeldende künftige „Jahresstatistik 2013 zur politisch motivierten Kriminalität“ ein erneuter vorgeblicher „Anstieg der politischen Straftaten von links“ somit produziert zu werden. Die sofortige Ablösung Robert Kruses ist und bleibt damit überfällig!
Bürgerfragestunde:
Zu den aktuellen Vorladungen vom 10. Juni durch das Fachkommissariat 4 der Göttinger Polizeidirektion gegenüber regionalen Anti-Atom-Aktivist*innen wurden auch in der aktuellen Bürgerfragestunde im Stadtrat einige Fragen gestellt. Ein neu nach Göttingen Zugezogener berichtete, dass er sich doch sehr wundert, im Rahmen von bürgerlichem Engagement gegen Atomkraft einem Rechts- oder Linksextremismus zugeordnet zu werden. Er stellte die Frage: „Werde ich jetzt durch meine Zugehörigkeit zu Bündnis 90/Grünen per se als politischer Straftäter eingestuft?“ Ein weiterer Bürger wies den Rat auf die über 20 Vorladungen durch den Politischen Staatsschutz hin und fragte, ob der Offene Brief der AAI-Goe den Ratsmitgliedern bekannt sei. Oberbürgermeister Wolfgang Meyer antwortete, er habe schon davon gehört und bat um ein Exemplar. Im Anschluss wurde der Offene Brief der AAI-Goe erneut verteilt.
Hintergrund:
Weitere Informationen zu einigen der als „Straftaten“ bezeichneten Vorgänge finden sich als Pressemeldungen hier:
[1] 21. April: Aktivist*innen zur Ankett-Aktion am AKW Grohnde
[2] 22. April: Sicherheitslücke im AKW Grohnde
[3] 28. April: Erneuter Protest gegen das AKW Grohnde
[4] 12. Mai: Erneute Blockade am AKW Grohnde