Pressemitteilung der Anti-Atom-Initiative Göttingen
Zur „Gesprächsbereitschaft“ des Ex-Verfassungsschützers Kruse:
Anti-Atom-Initiative gern zu Gespräch mit Göttinger Polizeipräsidenten-NachfolgerIn bereit
An der bunten und kraftvollen Demonstration am Montag Abend (inklusive fünf Traktoren und einer bunten Sambagruppe) vom Jakobikirchhof bis vor die Polizeizentrale in der Groner Landstraße beteiligten sich eine Vielzahl politischer Gruppierungen, die alle gemeinsam u.a. die Forderung nach einer sofortigen Ablösung des Göttinger Polizeipräsidenten und ehemaligen Verfassungsschützers Robert Kruse verbindet. Der Forderung in einem Offenen Brief der Anti-Atom-Initiative Göttingen (AAI) an den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius haben sich mittlerweile zahlreiche weitere Gruppen angeschlossen (von der Grünen Jugend Göttingen bis zum AStA der Universität Göttingen).
Als hätte es noch eines weiteren Beweises für die skandalösen Zahlenspiele Kruses und seine politischen Manipulationen an der vermeintlichen Kriminalitätsstatistik bedurft, mußte dieser am Mittag vor Demo-Beginn via „Stellungnahme der Polizeidirektion Göttingen zur Kritik an Aussagen zur Politisch motivierten Kriminalität“ einräumen, dass seine eigene Darstellung mit Bezug auf eine Veranstaltung im Januar 2012 an der Universität Göttingen grob fehlerhaft war:
„In Folge dieses Einsatzes wurden 17 Strafverfahren eingeleitet. In der Pressemitteilung vom 07.05.2013 war in diesem Zusammenhang von fünf Verurteilungen die Rede. Hierzu hat die Polizeidirektion Göttingen richtig zu stellen, dass es bislang lediglich zu zwei Verurteilungen gekommen ist, in einem dritten Fall findet demnächst nach Widerspruch des Angeschuldigten gegen einen Strafbefehl die Hauptverhandlung statt. Grund dieser Differenz ist ein Übertragungsfehler auf der Sachbearbeiterebene. Die Polizeidirektion Göttingen bedauert diesen Fehler.“
(Jedoch werden auch weiterhin alle 17 Strafverfahren von ihm als „politische Kriminalität“ in seiner Kriminalstatistik gezählt!)
Auch während der Demonstration versuchte die Polizeiführung dann eingangs erneut, ihre Gewaltdelikte-Statistik „aufzubessern“, indem sie zunächst ankündigte, die Straße mit Staatsgewalt zu räumen und etwaige Gegenwehr seitens der demonstrierenden BürgerInnen dann als Widerstand gegen diese Gewalt zu kriminalisieren. Zudem sicherte die Polizei trotz mehrfacher Aufforderung den vorgesehenen Kundgebungsort nicht ab. Letztendlich konnte sich die friedliche Kundgebung aller Protestierenden jedoch durchsetzen, die sich nicht haben einschüchtern lassen und sich mit ihrer Entschlossenheit die eroberte Straße direkt vor Kruses Polizeipräsidium bis zum Ende der Demonstration nicht mehr nehmen ließen.
Die verfassungsrechtlich bedenkliche Drehtür zwischen Göttinger Polizeidirektion und Verfassungsschutz scheint vor allem dem Ziel zu dienen, Protestbewegungen und Antifa-Aktivitäten kleinzukriegen. Dass der Ex-Verfassungsschützer Kruse als Polizeichef Protestbewegungen zu kriminalisieren versucht, liegt genau auf dieser Linie. Wie wir heute wissen, ist der Verfassungsschutz massiv in die Unterstützung schwerstkrimineller Aktivitäten von Neonazis verwickelt gewesen. Wenn nun ein Ex-Verfassungsschützer von „kriminellen Taten“ der Anti-Atom-Bewegung spricht, ist und bleibt das unerträglich!
Zum Abschluß verliehen die Demonstrierenden ihrer Forderung nach sofortiger Entlassung Kruses nochmals lautstark Nachdruck. Als „politischer Beamter“ kann Herr Kruse jederzeit(!) in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden – Innenminister Pistorius sollte nunmehr umgehend davon Gebrauch machen. Der Zahlenmanipulierer Kruse hat sich erneut als hochgradig untragbar erwiesen und damit selbst die von Seiten der SPD zunächst eingeräumte Beobachtungszeit als unbelehrbar verwirkt. Seine Entlassung ist überfällig.
Mit Blick auf eine vermeintliche „Gesprächsbereitschaft“ Kruses wird sicher die Einladung zu seiner Verabschiedung freudig aufgenommen werden, ansonsten ist zu ihm tatsächlich seit längerem alles gesagt. Schon 2011 hatte Robert Kruse die Anti-Atom-Initiative zu einem Gespräch geladen. Damals wandte sich die AAI mit einem öffentlichen „Appell an alle Polizistinnen und Polizisten in Deutschland und Frankreich“ auch an die hiesige Polizeileitung, doch Kruse zeigte noch während der Unterredung, was er tatsächlich mit „Gesprächsbereitschaft“ meinte: Er ließ parallel zur Unterhaltung eine Pressemeldung der Polizei veröffentlichen, in der im Zusammenhang bevorstehender Castor-Transporte von „Steinewerfern und Gewalttätern“ die Rede war. Die Anti-Atom-Initiative verurteilte diese Pressemeldung am 10. November 2011 auf das Schärfste. Wer demokratisch legale Protestformen besorgter Menschen gegen strahlende Atommüllproduzenten und den Einsatz plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente wiederholt in Verbindung mit einem „Anstieg von rechter und linker Gewalt“ und mit „politisch motivierter Kriminalität“ bringt, mit dem erscheint jedes weitere Gespräch sinnlos. Seine NachfolgerIn darf gerne das Informationsgespräch mit uns und anderen politisch aktiven Gruppen suchen.
Der Offene Brief an Innenminister Pistorius kann auch weiterhin von Gruppen und Einzelpersonen auf www.Anti-Atom-Initiative-Goettingen.de unterschrieben werden.
Anti-Atom-Initiative Göttingen, 4. Juni 2013